Zum Inhalt springen
Gemeinsam machen wir Farbsehschwächen sichtbar.

Unterstütze Aufklärung und Teilhabe.

Flugzeugcockpit von Innen. Sicht hinter den Pilotensitzen auf das Instrumentenpanel Foto: Kārlis Dambrāns (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en)

Farbfehlsichtigkeit im Berufsleben - Berufe mit Anforderungen an das Farbsehvermögen

Eine Farbsinnstörung stellt für die Betroffenen zwar in der Regel keine schwerwiegende Beeinträchtigung oder gar Behinderung dar, kann aber dennoch die beruflichen Möglichkeiten einschränken. Bestimmte Berufe erfordern eine genaue Unterscheidung von Farben, meist aus Sicherheitsgründen. Deshalb gibt es eine Reihe von Berufen, für die Menschen mit einer Farbsehschwäche nicht zugelassen sind.

In diesem Artikel beleuchten wir die Berufe, für die farbfehlsichtige Menschen nicht zugelassen sind. Wir versuchen aufzuzeigen, in welchem konkreten Anwendungsfall eine Farbsinnstörung ein Problem darstellt und welche Regelungen jeweils gelten.

Polizei

Polizeiaufgaben in Deutschland unterliegen der Hoheit der Bundesländer. Dementsprechend sind auch die Regularien länderspezifisch. Die Feststellung einer Farbsinnstörung ist Teil der polizeiärztlichen Untersuchung bei der Einstellung. Üblicherweise wird dieser Test mit einer Variante des Ishihara-Tests durchgeführt. Wird dabei eine Farbfehlsichtigkeit festgestellt, kann zusätzlich der Schweregrad über ein Anomaloskop bestimmt werden.

Ein konkreter Fall, bei dem sich eine Einschränkung des Farbsehens auf die Polizeiarbeit auswirkt, ist uns aktuell nicht bekannt.

Zuletzt wurden in einigen Bundesländern die Anforderungen bezüglich des Farbsehens gelockert.

Pilotenausbildung

Sicherheit ist im Flugverkehr höchste Priorität. Vor allem im Sichtflug sind Lichtsignale ein wichtiges Element. Dies betrifft sowohl die Positionsbeleuchtung von Flugzeugen selbst, die Flugfeldbefeuerung, die Anflugwinkel-Indikatoren und die Instrumentierung im Cockpit. Deshalb ist die Prüfung auf eine Farbsinnstörung Teil des Einstellungstests für die Verkehrspilotenausbildung. Auch Privatpiloten müssen einen Nachweis über ihr Farbsehvermögen erbringen.

Prof. Dirk-Matthias Rose vom Flugmedizinische Zentrum AeMC FLYMED hat uns freundlicherweise die Zulassungsregeln zusammengefasst. Die rechtliche Grundlage bildet in Europa die EU Verordnung 2019/27. Der Abschnitt MED.B.075 behandelt die Farberkennung:

Prof. Rose führt dazu weiter aus: „Wer die Ishihara Tafeln nicht unter den vorgegebenen Testbedingungen sicher erkennen kann (15 Tafeln) muss zur Entscheidung an die Behörde verwiesen werden (in Deutschland also an das LBA Ref L6). Wenn er einen Normalbefund am Anomaloskop erreicht, kann durch die Behörde die Farbsicherheit festgestellt werden. Alternativ kann der CAD Test erfolgreich absolviert werden. Die ebenfalls noch aufgelisteten Lantern Testverfahren sind fast nur noch historisch, da diese Testverfahren kaum noch angeboten werden und die Lanterntests durch das Alter der Geräte weitgehend verschwinden.“

Fahrgastbeförderung (Bus, Taxi, Straßenbahn)

Im Straßenverkehr ist es obligatorisch, Leuchtzeichen, Beschilderung und Warnhinweise zu erkennen. Gefahrenhinweise und Verbotszeichen haben dabei eine besondere sicherheitstechnische Bedeutung. Darunter fahlen Halt zeigende Ampeln, Verbotsschilder und Bremsbeleuchtung, die allesamt Rot als Signal- bzw. Leuchtfarbe gemein haben. Deshalb werden bei der Fahrgastbeförderung erhöhte Anforderungen an die Rotsichtigkeit gestellt.

Berufe in diesem Bereich beziehen sich bei der Zulassung auf die Fahrerlaubnisverordnung. In der Fahrerlaubnisverordnung in Anlage 6, Ziffer 2.2.2 bzw. Ziffer 2.2.3.2.1 ist eine Rotblindheit oder Rotschwäche mit einem Anomalquotienten unter 0,5 ein Bewertungskriterium:

  • Ist die Fahrerlaubnis vor dem 31. Dezember 1998 erteilt worden, ist die „[…] Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung: unzulässig“ (Ziffer 2.2.3.2.1).

  • Für eine später erteilte Fahrerlaubnis „[…] ist eine Aufklärung des Betroffenen über die mögliche Gefährdung erforderlich“ (Ziffer 2.2.2).

Eisenbahn

Im Eisenbahnverkehr ist die Unterscheidung von Signalbildern sowie das Erkennen von Beschilderungen für einen sicheren Bahnbetrieb essenziell. Die Beschilderung und die Signalisierung ist aber in den allermeisten Fällen nicht für Farbfehlsichtige ausgelegt, weshalb die Farbwahrnehmung ein medizinisches Bewertungskriterium für die Zulassung zum Führen von Triebfahrzeugen ist.

Anders als bei der Fahrgastbeförderung gilt für Triebfahrzeug-führendes Personal die Triebfahrzeugführerscheinverordnung – TfV. In Anlage 4 der Verordnung sind die medizinischen und psychologischen Anforderungen definiert. Zum Nachweis des Sehvermögens unter Punkt 1.2 ist unter anderem ein anerkannter Farbwahrnehmungstest gefordert, z.B. der Ishiharatest. Zusätzlich wird verlangt, dass alle Farben der Signale direkt benannt werden können und eine gute Kontrastempfindlichkeit wird gefordert.

TfV; Anlage 4 Medizinische und psychologische Anforderungen; 1. Allgemeine Anforderungen, 1.2 Sehvermögen:

Schiffsverkehr

Auch im Schiffsverkehr gibt es, wie im Straßen- und Eisenbahnverkehr, Ampeln, Signale und Beschilderungen. Zusätzlich kommt der Schiffsbeleuchtung eine wichtige Bedeutung zu. So ist zum Beispiel über die Seitenbeleuchtung in Rot (links, Backbord) und Grün (rechts, Steuerbord) die Fahrtrichtung eines Schiffes erkennbar. Leuchtfeuer zeigen über den Lichtwechsel, bzw. die Sektorenfarben wichtige Navigationsinformationen an.

Für den Schiffsverkehr gibt es mehrere Unterteilungen, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen. So wird örtlich zwischen Binnen-, Küsten und Hochseeschifffahrt unterschieden. Des Weiteren wird über den Zweck der Schifffahrt differenziert, z.b. Sport- und Handelsschifffahrt.

Für die gewerbliche Binnenschifffahrt gelten die Verordnung über die Besatzung und über die Befähigungen der Besatzung von Fahrzeugen in der Binnenschifffahrt – BinSchPersV. In Anhang 1 zu Anlage 4 – Relevante Kriterien in Bezug auf das Sehvermögen nach Diagnosecode H 00–59 ist unter Punkt 4 das „Farbunterscheidungsvermögen von Mitgliedern einer Decksmannschaft, die Navigationsaufgaben wahrnehmen“ geregelt. Die Kriterien sind dort für eine ganze Reihe von unterschiedlichen Farbwahrnehmungstests definiert.

Die gewerbliche Küsten- und Hochseeschifffahrt wird analog über die Verordnung über maritime medizinische Anforderungen auf Kauffahrteischiffen – MariMedV geregelt. In Anlage 2 – Durchführung der Seediensttauglichkeitsuntersuchungen gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei der BinSchPersV, lediglich textlich gekürzt.

Für den Sportbootführerschein, geregelt in der Verordnung über das Führen von Sportbooten – SpFV gelten die gleichen Anforderungen an das Farbsehen wie bei der Binnenschifffahrt. Genau geregelt wird es dort in der Anlage 2 – Medizinische Tauglichkeitskriterien bei Gesundheitsstörungen (allgemeine Tauglichkeit, Seh- und Hörvermögen).

Über den Autor

Thomas Vogel stieß kurz nach der Gründung von Farbsehschwaeche.de dazu. Im normalen Leben ist er Ingenieur, wohnt ihn Herzogenaurach und möchte aktiv daran mitwirken, dass die Erfordernisse von Farbsehschwachen im täglichen Leben berücksichtigt werden. Bevor er in die Industrie wechselte, war er an der "Erlangen Graduate School in Advanced Optical Technologies" und kennt sich daher ein bisschen mit den physikalischen Hintergründen aus.