Zum Inhalt springen
Unterstütze uns!

Wir sind ehrenamtlich tätig. Unterstütze uns und unser Anliegen!

Foto: unsplash.com/Becca Tapert

Egal ob in der Küche oder allgemein bei der Verwendung von Farben: im Alltag finden sich viel Tücken.

Alltag

Farbsehschwache werden im Alltag häufig vor schwierige Situationen gestellt. Wir leben in einer farbcodierten Welt, das ist auch richtig und wichtig. Leider fehlt oft das Bewusstsein, dass es Menschen gibt, für die diese Farbcodes eine große Herausforderung darstellen.

Man hat die Krankheit von Geburt an. Daher kennen Farbsinnschwache nicht die Realität und wissen somit oft nicht, dass sie stärker beeinträchtigt werden, als sie es selbst annehmen oder bemerken. Bestimmte kritische Situationen nimmt man als gegeben hin und glaubt, dass es Anderen auch so geht. Dass nur für sie selbst die Landkarte, die Trikotfarben und die Grafiken ein Problem sind, merken Betroffene erst Jahre später.

Ampel-Farben funktionieren nicht in jeder Situation

Die Ampelfarben Rot, Gelb und Grün sind beliebte Indikatoren. Rot steht als Warn- oder Verbotsfarbe, soll geschlossene, schlechte oder verbotene Zustände signalisieren. Gelb ist meistens in der Mitte angesiedelt und Grün steht für alles Erlaubte und Gute.

Die Rot-Grün-Schwäche ist die häufigste Form der Farbsehschwächen. Betroffene haben Probleme Rot und Grün zu unterscheiden. Rot sieht wie Grün aus und Grün wie Rot - aus einem Verbot kann so etwas Erlaubtes werden und aus ein "Gut" etwas Gefährliches.

Bei einer Ampel leuchten nie Rot und Grün gemeinsam. Besonders Piktogramme und Symbole sorgen für eine eindeutige Zuordnung.
Foto: unsplash.com/Basil Samuel Lade

Sollten Sie annehmen, dass dann auch etwa 8 Prozent der Männer und 0,5 Prozent der Frauen Probleme im Straßenverkehr haben, so kann dies verneint werden.  An der Verkehrsampel herrscht eine klare Zuordnung: Rot ist oben, Grün unten — beide Lampen leuchten nie gemeinsam. Außerdem leuchtet das Grün deutlich heller als Rot. Für Fußgänger:innen sorgen die Ampelmännchen für weitere Klarheit.

Problematisch sind Situationen, in denen Grün und Rot gemeinsam oder statt der anderen Farbe vorkommen oder wenn es keine weiteren Unterscheidungsmöglichkeiten wie Symbole oder Texte gibt. Situationen sind hier:

  • in Plänen und Karten

  • als Indikator ob etwas frei/offen oder belegt/geschlossen ist, wie z. B. die Kasse im Supermarkt

  • Knöpfe/Schaltflächen zum Bestätigen/Abbrechen

  • Indikator in Formularen, ob Eingaben korrekt oder fehlerhaft sind

Denken in Farben und unklare Farbnamen

"Bitte mit Grün bestätigen." oder "Gibst du mir mal bitte die rote Schere?" Jede kennt diese Fragen. Menschen mit Farbsehschwäche stellen sie allerdings vor Probleme: Viele denken nicht "in Farben" oder haben dieses Denken nie gelernt. Es ist dann zum Beispiel nur der Ball, die Schere oder Bestätigungsknopf. Nicht der blaue Ball, die pinkfarbene Schere oder der grüne Bestätigungsknopf.

Oft werden Farbnamen mit Zusätzen versehen, die sie besser beschreiben oder einfach modern und stylisch klingen sollen. Mag man mit Himmelblau oder Zitronengelb noch etwas anfangen können, werden Namen wie Malve (ein Rot), Topas (ein Blau) oder Camel (ein Braun) zu etwas sehr Kryptischen. Hier helfen klare Farbnamen, ggfs. mit dem Zusatz wie hell- oder dunkel-. Abstrakte oder konstruierte Namen sorgen für bei uns nur für mehr Verwirrung.

Foto: unsplash.com/Paola Aguilar
Zu spezielle und künstliche Farbnamen verwirren eher, als das sie helfen.

Besonders kreativ sind hier die Hersteller für Make-up-Produkte. "Into the Unknown" ist selbst für Normalsehende so nichtssagend, dass es sie wortwörtlich genauso ins Unbekannte führt wie Farbsehschwache und Farbenblinde. Der aus der Serie "Glow Up" bekannte Leigh Easthope hat genau dies auf Twitter kritisiert, als "farbenblinder" Make-Up-Artist. Hinzu kommt, dass Make-Up auf Farbenblinde natürlich ganz anders wirken kann als beabsichtigt.

Essen: Obst, Gemüse und Garpunkte

Gerade beim Essen bzw. den Zutaten und der Zubereitung spielen unsere Sinne eine wichtige Rolle. Anhand von Geruch, Geschmack und Optik können wir erkennen, ob eine Frucht reif oder etwa verfault ist. Oft werden Obst und Gemüse gekauft und müssen bis zum Verzehr noch etwas reifen. Dies erkennt man dann an der Farbe.

Hier kann es problematisch werden: Grüne, also unreife Bananen schmecken nicht gut. Bei Äpfeln lassen sich manche Sorten nur durch die Farbe der Schale unterscheiden.

Auch verfaulte Stellen sind nicht sofort ersichtlich oder kommen erst zum Vorschein, wenn an der Frucht nichts mehr zu retten ist.

Passt der Garpunkt? Gerade bei Fleisch und Fisch kann diese Frage entscheidend sein.
Foto: unsplash.com/Louis Hansel

Die Zubereitung hat ebenfalls ihre Tücken: Besonders beim Fleisch ist wichtig, dass es richtig durchgebraten ist. Oder dass die gwünschte Garstufe erreicht wird, die durch die Färbung des Fleischs sichtbar wird. Außerdem lässt sich der Zustand und die Frische von rohem Fisch und Fleisch an der Farbe erkennen - wenn man Farben erkennen kann.

Info zur Simulation

Eine Simulation bildet nicht die komplette Realität von Betroffenen ab.
Weitere Informationen

Original
Normales Sehen
Simulation
Normales Sehen
Foto: unsplash.com/Jasmin Schreiber

Unsere Umgebung ist voller Farben

Oft sind es ganz banale Dinge, die auf Farbsehschwache anders wirken: Sei es der abgestorbene Ast im Garten oder die Blüte einer Blume, die als solche nicht erkannt wird. Oder natürlich der Regenbogen, der uns auch in vielen Farben erscheint, die wir aber nicht vollständig zuordnen können.

Die Beispiele zeigen, dass viele alltägliche Dinge Hindernisse für Farbenblinde und Farbsehschwache mitbringen. In der Regel können Betroffene sich damit gut arrangieren, in einigen Situationen ist das allerdings nicht möglich und es bedarf Unterstützung.