Bei durchschnittlich jeden 12. Jungen oder 200. Mädchen tritt eine Farbsehschwäche auf. Rechnerisch dürfte es daher in vielen Klassen betroffene Schüler:innen geben. Gerade als Lehrer:in ist es daher wichtig zu wissen, wie man dem Kind behilflich sein kann.
Farbfehlsichtigkeit fällt oft bereits im Vorschul-Alter auf. Wenn das Kind etwas malt oder Gegenstände in der Umgebung beschreibt, sind die Berührungspunkte mit Farben stark. Viele Eltern bemerken das auch, aber es ist verständlich, dass sie bei der Einschulung nicht die gesamte Lehrerschaft davon informieren wollen.
Damit ist der Überraschungsmoment in der Schulstunde vorprogrammiert. Sobald 8 Jungen im Klassenraum sitzen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mindestens einer von ihnen Farben nicht normal wahrnimmt. Wenn Lehrer:innen eine Farbfehlsichtigkeit auffällt, haben sie - abgesehen von völliger Ignoranz - zwei Optionen:
Korrektur und der Hinweis, dass diese Farbe anders heißt. Bestenfalls prägt sich das Kind nun ein, dass der Baumstamm braun ist, und nicht schwarz. Das gleiche Problem wird nun in den nächsten Wochen in anderen Zusammenhängen wieder auftreten. Wieder wird das Kind vor der ganzen Klasse korrigiert, hoffentlich lachen die Mitschüler nicht. Die Interaktionen nehmen zu, und alle merken: Mit dem Kind stimmt was nicht. Die Freude besonders an Fächern wie Kunst, Geographie oder Physik nimmt ab.
Es kommt zu Erklärungsnöten, die vor allem das heranwachsende Kind am wenigsten zu bewältigen weiß. Es zweifelt an sich: Mit Farben komme ich nicht klar, in Mathe bin ich schusslig und im Sport sind andere schneller ... Jegliche Stigmatisierung kann zu Ausgrenzung und Selbstzweifeln führen. Dabei brauchen starke Kinder Mut und Selbstbewusstsein.